Queere Zines in München

Queere Zines in München

Fanzine, Undergroundzeitschrift, Gegenzeitung – die Bezeichnungen meinen alle das Gleiche: mit einfachen Mitteln, winzigen Budgets, aber dafür mit extrem viel Leidenschaft selbst gemachte Hefte. Von und für die eigene Szene zusammengetackert, sind sie in seit den 1970ern ein nicht wegzudenkendes journalistisches und politisches Organ zahlreicher Subkulturen und Szenen.

Die Münchner Platform widmet dem Thema ihre bemerkenswerte Ausstellung Gegenkultur und gibt einen Überblick über selbst gemachte Münchner Magazine seit den 1970er Jahren bis heute. Die Zines stammen aus den Sammlungen von Hubert Kretschmer, dem forum homosexualität münchen e. V. und Wolfgang L. Diller.

Vor allem um die zahlreich vertretenen queeren Zines in relaxter Atmosphäre einmal durchzublättern und um zu entdecken, was die noch analog sozialisierten Generationen in München so an Indie-Print gemacht haben, ist die Möglichkeit selten und fabelhaft. Man kann genau genommen nicht anders als begeistert und motiviert rausgehen.

Über 30 Hefte, die sonst nur in Off-Spaces, Clubs oder „unter der Hand“ weitergereicht wurden und werden, können in der Ausstellung gelesen werden. Eine kleine Auswahl wird hier auch hier vorgestellt.

Der Feminist

Seinerzeits sehr POpulär.

Seinerzeits sehr POpulär.

Der Feminist – Beiträge zur Theorie und Praxis wurde von Hannelore Mabry und dem FFP (Förderkreis zum Aufbau der Feministischen Partei) von 1976 bis 1999 herausgegeben. Hannelore Mabry war feministische Theoretikerin, engagierte Frauen- und Kinderrechtlerin und zählt zu den Gründerinnen der Neuen Frauenbewegung in Deutschland.
Vorläufer von Der Feminist war das ab 1972 herausgegebene Heft Informationen des Frauenforum München e.V. (später Frauenforum - Stimme der Feministen), das als erste Zeitschrift der Zweiten Frauenbewegung gilt und einen gemischtgeschlechtlichen Ansatz verfolgte. Themen umfassten anfangs vor allem lokale politische Prozesse, Veranstaltungen und Literaturkritik. Ab 1974 ändern sich Ton und Charakter, kämpferische Begriffe und Artikel gegen „Patriarchen und Partiarchalinnen“ wurden aufgenommen. Der Feminist erschien unregelmäßig und in einer Auflage von 4.000 Stück.

Keller Journal

Außen Schnuckels, innen Politik.

Außen Schnuckels, innen Politik.

Das Keller Journal wurde als Informationsschrift des VSG e.V. – Verein für sexuelle Gleichberechtigung von Guido Vael von 1980 bis 1987 herausgegeben. Der Verein war eine zentrale, nichtkommerzielle Stelle der Schwulenberatung, der Selbsthilfe und der Begegnung. 1978 wurde mit dem Keller in Haidhausen ein Treffpunkt eingerichtet, zudem bot der VSG mit dem Rosa Telefon anonyme Beratungsgespräche an. Inhalte des Keller Journal umfassten neben Themen zu Gewalt gegen Schwule und Lesben, der AIDS-Krise und schwulem politischem Engagement auch humorvolles aus dem Spektrum Sexualerziehung auf bayrisch oder Zur Entstehung der Homosexualität in Bayern. Die Auflage betrug 1984 500 Stück.

Südwind

Alle möchten in den Süden.

Alle möchten in den Süden.

Südwind – Zeitschrift für das schwule München erschien von 1987 bis 1996 und war gewissermaßen der Nachfolger des Keller Journals. Mitbegründet wurde es von Thomas Niederbühl, in der Redaktion waren außerdem Gustl Angstmann, Dieter Reiml, Michael Lucan und Guido Vael. Es war das letzte Münchner Schwulen-Magazin, das nicht digital hergestellt wurde.

Frauenoffensive

Das Journal wurde vom Münchner Verlag Frauenoffensive herausgegeben und erschien von 1974–1979 zu unterschiedlichen Schwerpunktthemen der autonomen Frauenbewegung.

Münchner Frauenzeitung (MFZ)

Nicht aus dem Hause Burda: die Münchner Frauenzeitung

Nicht aus dem Hause Burda: die Münchner Frauenzeitung

Die Münchner Frauenzeitung erschien von 1977 bis 1980 im Verlag Uschi Neubauer. Sie enthielt Berichte und Informationen aus der feministischen Frauen- und Lesbenszene.

Our Munich

Rocko Schamoni in der Our Munich?

Rocko Schamoni in der Our Munich?

Our Munich – Münchens schwullesbisches Stadtmagazin diente nach Auffassung der Website kath.net als „Propagandaschrift(en) der Homosexuellenszene“. Es erschien von 1996 bis 2007 und lag kostenlos aus. Chefredakteur war Peter Sperlich; Inhalt vor allem sogenannte Lifestylethemen.
Kritik an seiner unpolitischen und angeblich konsumfixierten Ausrichtung musste Our Munich 2002 einstecken: Anzeigenkunden erhielten anonyme Postkarten mit der Aufschrift „Aua Munich – Die BILD-Zeitung für Münchens Homos” und der Frage: Homos brauchen keine Qualitätszeitungen, die denken sowieso nur ans Ficken und Shoppen, oder?
Nach Beschwerden, u.a. des Erzbischöflichen Ordinariats und der Regierung von Oberbayern, wurde das Stadtmagazin ab 2003 nicht mehr in städtischen Einrichtungen ausgelegt und dort kostenlos verteilt. Oberbürgermeister Christian Ude und Bürgermeisterin Gertraud Burkert entschieden, die Auflage dieser Magazine und ähnlicher Publikationen in städtischen Einrichtungen zu beenden. Ausschlaggebend dafür waren „insbesondere im Anzeigenteil pornografische Inhalte und vor allem Abbildungen“. 

Die Krake

Achtarmig, glitschig und unwiderstehlich.

Achtarmig, glitschig und unwiderstehlich.

Die Krake - Künstliche Beziehungen für unnatürliche Frauen wird seit 2006 von Gwendolin Altendörfer herausgegeben. Das Magazin besteht aus Fotokopien und erscheint in einer Auflage von 300 Stück, manchmal mit Beilage wie polyfunktionalem Romantikstift oder Liederbuch. Erhältlich ist Die Krake online oder auf dem Münchner FrauenLesbenTransAsexuellen*-Polystammtisch.

Ausstellung Gegenkultur

3.–28. JULI
Halle der PLATFORM
Kistlerhofstraße 70 – Haus 60 – 3. Stock – 81379 München

http://www.platform-muenchen.de

Öffnungszeiten Mo–Fr. 10–17 Uhr
U3 Aidenbachstraße 

5A Gilgi Kron

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Soft Spots

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