Queer Film Festival München 2017 – unsere Tipps
Vom 12. bis zum 15. Oktober findet das Queer Film Festival bereits das zweite Mal in München statt. Sofort haben wir uns auf das vielfältige Programm gestürzt, um ein paar Perlen für euch und uns herauszupicken.
Je eine Redakteurin stellt einen Film vor, den sie sich dick in ihren Kalender einträgt und ansehen wird, weil sie ihn spannend findet. Vielleicht können wir euch damit Lust machen? Bei der feinen internationalen Auswahl an Filmen und dem Rahmenprogramm an charmanten Spielstätten wird sicher für jeden etwas dabei sein.
Mehr Informationen und das vollständige Programm unter: http://qffm.de
Hjartasteinn (Herzstein)
Regie: Guðmundur Arnar Guðmundsson
DNK/ISL 2016
Freitag, 13. Oktober 2017
21:15 Uhr
Neues Maxim
Die atemberaubende isländische Landschaft erfreut sich schon seit längerem großer Beliebtheit als dramatische Kulisse für postapokalyptische, extraterrestrische oder auch Mittelalter-Fantasy-Filme aller Art – Interstellar, Star Wars und Game of Thrones lassen grüßen. Deshalb freue ich mich, dass die isländischen Berge und Fjorde in Hjartasteinn (Herzstein) diesmal einfach nur sie selber sein dürfen und den Protagonisten dieser leisen und komplex erzählten Geschichte einen aufregenden Spielplatz bieten. Das Spielfilmdebüt des isländischen Regisseurs Guðmundur Arnar Guðmundsson handelt von den Sommerferien der Jungen Thor und Kristján, zwei Freunden, die in einem winzigen Fischerdorf im Nordosten Islands aufwachsen. Während Thor beginnt, sich für Mädchen zu interessieren, entwickelt Kristján Gefühle für seinen besten Freund – damit ist Drama vorprogrammiert.
Der Schauplatz der Geschichte, der Borgarfjörður eystri (dtsch.: ostisländischer Fjord), zählt zu den einsamsten Gegenden der Insel. Was es heißt, in solcher Isoliertheit und unter den Augen einer kleinen Dorfgemeinschaft erwachsen zu werden, wird der Film hoffentlich einfühlsam und ohne unnötigen Pathos zeigen. Allerdings hat Regisseur Guðmundsson in einem Interview mit dem Magazin The Reykjavik Grapevine erklärt, dass er eben nicht einen unnötig schweren Arthouse-Film machen wollte, sondern etwas, dass „fun, loving and serious“ ist. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt! Und außerdem will ich natürlich unbedingt wissen, was es mit dem hjartasteinn auf sich hat.
(Magdalena Klischat)
Princess Cyd
Regie: Stephen Cone
USA 2017
Samstag, 14. Oktober 2017
16:15 Uhr
Neues Maxim
Der Plot in einem Satz: Die 16-jährige Cyd besucht ihre entfremdete und etwas verklemmte Tante in Chicago und verliebt sich dort in ein Mädchen.
Coming-of-Age-Filme sind mein absolutes Lieblingsgenre. Auch als Erwachsene liebe ich Filme über die erste Liebe, das erste Mal, über Streits mit Eltern und über wachsendes Selbstbewusstsein. Viel zu selten gibt es aber tiefgründige Erzählungen ohne erhobenen Zeigefinger und ohne Moralkeule. Meist „gewinnt“ am Ende eine Perspektive, nämlich die erwachsene. Oder die Perspektive des Jungen, der von vornherein wusste, dass das Mädchen schön ist. Princess Cyd verspricht, dass der unterschiedliche Umgang der Hauptfiguren mit Körpern, mit Sexualität und mit Frausein gleichermaßen respektiert wird und ohne Wertung nebeneinander steht.
Viel zu selten gibt es in diesem Genre auch Geschichten über gleichgeschlechtliche Liebe. Bei der Pärchenbildung in Filmen wünsche ich mir mehr Vielfalt, mehr Beispiele, mehr Vorbilder. Dafür weniger Klischees und weniger lesbische Paare, die den männlichen Blick befriedigen. Ich hoffe, in Princess Cyd ein Liebespaar zu sehen, das sich frei von Klischees über weibliche Lust entwickeln darf und zusammen sowohl Unsicherheiten als auch Stärken entdeckt.
Nicht zuletzt kündigt das Programm (sogar mit einem Ausrufezeichen!) an, im Film gehe es auch um Bücher. Bücher in Filmen find ich grundsätzlich gut - ich bin sehr gespannt, um welche Bücher es gehen wird und ob sie einfallsreich eingesetzt werden.
(Rebecca Faber)
Karera ga honki de amu toki wa (Close-knit)
Regie: Naoko Ogigami
Japan 2017
Sonntag, 15. Oktober 2017
13:15 Uhr
Neues Maxim
Der Plot in einem Satz: Die 11-jährige Hiromi wird von ihrer Mutter vernachlässigt und zieht zu ihrem Onkel Maiko, der mit seiner Freundin Raiko, einer Transfrau zusammenlebt.
Warum habe ich mir diesen Film ausgesucht? Neben einem ausgeprägten Japantick – jedes Jahr besuche ich das japanische Filmfestival Nippon Connection in Frankfurt und kann von Kinoerzeugnissen aus dem Land der aufgehenden Sonne nicht genug kriegen – interessiert mich an Karera ga honki de amu toki wa vor allem das Thema Mütterlichkeit. Ein allgegenwärtiges Thema, nicht nur in meiner Facebook-Timline, das oft nervig überemotional und zu Klischees stilisiert verhandelt wird. Jeder hat eine Meinung zum Thema Mamawerden und Mamasein, perfekt lässt sich Mutterschaft von Ideologien vereinnahmen.
Habe ich noch nicht genug von dem Thema, das mir Algorithmen aufgrund meines Alters ständig vorschlagen? Nein, denn der Film wird, so erhoffe ich mir das, spannende zusätzliche Aspekte hinzufügen: Erstens Mütter, die ihre Rolle ablehnen und die Familie verlassen – bis heute ein riesiges Tabuthema, wohingegen es bei Männern selbstverständlicher hingenommen wird. Dann, zweitens, die Spezialisierung des Films auf die Mutterrolle in Japan, das uns in Hinsicht Hausfrau und Versorgertum überraschend konservativ entgegentritt. Nicht zuletzt, drittens, natürlich die Frage, wer mütterlich sein kann und als Mutter gesellschaftlich anerkannt wird.
Sicher wird der Film stark emotionalisieren und ich hoffe, dass mein interner Kitsch-Alarm nicht ausgelöst wird oder der Film in eine Romantisierungsfalle tappt. Auf ästhetischer Ebene freue ich mich auf ein paar Kirschblüten und Nestwärme, mit dem Mitteln des Films gezeigt. Ich bin sehr gespannt, wie die nicht-normative Familie dargestellt wird und welche Möglichkeiten, Geborgenheit zu geben und zu fühlen der Film aufzeigt.
(Heike Fröhlich)