Brechen mit dem deutschen Image: Penelope Kemekenidou im Interview zum 8. März
Diese Woche am Freitag, den 8. März ist Weltfrauenkampftag. Überall in Deutschland und auf der Welt finden Demos und politische Aktionen statt. Erste Pläne und Vernetzungen für einen internationalen Tag der Frauensolidarität und Frauenrechte gab es in Deutschland schon seit 1910 initiiert durch die Frauenkämpferin und Sozialistin Clara Zetkin. Warum sich international dann genau auf den 8. März geeinigt wurde, ist nicht ganz sicher (es gibt mehrere Theorien), aber er wurde früh zum Tag des Widerstands der Frauen. Während des Naziregimes hängten Widerstandskämpferinnen rote Wäsche auf und verteilten Flugblätter.
Seitdem war der 8. März in seiner Bedeutung Schwankungen ausgesetzt, er zeigt aber eine lange Tradition des (queer-)feministischen Kampfes. Seit diesem Jahr, mehr als hundert Jahre später, ist er als Weltfrauentag in Berlin zum Feiertag erklärt worden. Warum damit nicht alles gewonnen und es immer noch wichtig ist, an diesem Tag auf die Straße zu gehen, erzählt uns im Gespräch die Münchner Frauenstreikorganisatorin Penelope Kemekenidou.
Wepsert: Was hältst du für die wichtigsten Themen des Weltfrauentages?
P.K.: Das wichtigste Thema des Tages für Deutschland, ist wohl mit dem eigenen Image zu brechen. Deutschland: du bist leider sexistisch und rassistisch, und ja, „unsere“/„deine“, wie auch immer, Männer und auch Frauen, haben ein Problem. Was die Männer angeht: Priester vergewaltigen hier junge Mädchen und werden nach 9 Monaten auf Bewährung freigelassen. Ärzte verweigern vergewaltigten Frauen die Pille danach, weil es gegen den eigenen Glauben geht. Die Gewalt gegen Frauen hierzulande ist unfassbar hoch – jeden zweiten Tag ermordet ein Mann eine Frau, aufgrund von „Beziehungsproblemen“, also aufgrund patriarchaler Machtstrukturen. Das sieht man gerne „woanders“, Stichwort „Ehrenmord“, aber ungern bei sich selbst.
Deutschland gehört auch zu den „Exportweltmeistern“ beim Thema „Sex“-Tourismus. Der deutsche Mann fährt gerne mal nach Thailand oder in die Philippinen, um Kinder und Frauen zu vergewaltigen, äh sorry, Sex zu kaufen.
Aber auch Frauen* halten hier schön den Status des Patriarchats hoch: Auch vermeintlich feministische Politikerinnen sind zum Beispiel daran beteiligt, dass Migrant*innen, nachdem sie Jahrzehnte Steuern gezahlt haben, in Deutschland nicht wählen können. Dass Hochschwangere oder lesbische geflüchtete Frauen* abgeschoben werden, in Länder in denen das den sicheren Tod bedeutet. Nicht nur Parteien wie AfD und CSU/CDU tragen dazu bei, sondern auch SPD und Grüne.
Wepsert: Was hältst du davon, dass der 8. März jetzt Feiertag ist in Berlin?
P.K.: So ein Zufall aber auch! Gerade jetzt, nachdem klar wird, dass wir in den nächsten Jahren Streiks organisieren, ernennt die Bürokratie den Tag zum Feiertag, und macht es damit in Berlin ein wenig schwerer Flagge zu zeigen. Ja, das war schon länger im Gespräch – aber es waren auch ein paar andere Tage zur Auswahl, an denen nicht gestreikt wird.
Ich verstehe, dass sich manche freuen, oberflächlich scheint das wie ein Sieg. Nur weil wir etwas einen Tag geben, heißt das noch lange nicht, dass das Problem gelöst ist. Wir haben auch schon lange einen Tag gegen Gewalt an Frauen, so what? Die Istanbul Konvention wird deswegen ja auch nicht besser, oder überhaupt mal effizient umgesetzt, wa?
Wepsert: Und wer sollte jetzt morgen auf die Straße gehen?
P.K.: Hm, ich sag mal: alle die mal von sexueller Gewalt, Ausbeutung oder Rassismus betroffen waren. Und vielleicht auch die, die einfach solidarisch sein wollen. Also ja, äh, alle.
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Penelopes Verein Gender Equality Media e.V.